Taschentücher. Taschentücher sind das Erste, was mir einfällt, wenn ich an die Pfingstkonferenz in Crivitz 2014 denke. Gebrochene Stimmen im Gebet als
Ausdruck der gebrochenen Herzen, die an GoTT ausgeliefert werden. Zeichender Umkehr, die einen neuen Aufbruch erst möglich machen. Bereits nach dem ersten Vortrag hatte ich das Gefühl, eine Bombe ist geplatzt. Heiligung. Drei Generationen wurden angesprochen und haben in unterschiedlichem Maße ihr Fett abbekommen. Die Alten vielleicht ein bisschen mehr als die anderen, die Generation, die den Krieg erlebt hat und deshalb auf Sicherheit und Regeln baut, nicht auf GoTT. Die mittlere Generation, die ebenfalls wenig heilig ist, weil sie auf eine gute Ausbildung und die Karriere setzt, ebenfalls unabhängig von GoTT. Und dann noch die jüngere Generation, bei der die Moral auf der Strecke geblieben ist, die ihre Zeit vergeudet, weil sie GoTT einen guten alten Mann sein lässt.
Die Stimmung wird als angespannt wahrgenommen, auch von Leuten, die nicht beim Vortrag waren. Alle merken, es ist etwas passiert, was unsere trügerische Ruhe gestört hat. Kann etwas Gutes daraus erwachsen?
Der zweite Vortrag: Liebe als Auftrag an die Generationen. Liebe – das christliche Thema schlechthin, kann uns da noch etwas Neues gesagt werden? Ja, ganz neu: Ich bin ohne Liebe nichts, also wirklich nichts, nicht nur weniger gut, sondern eben ganz und gar nicht gut. Mein Tun ohne Liebe ist zu nichts nutze. Keine Predigt, kein Abwasch, keine Kritik, keine gehäkelte Mütze bringen etwas ohne Liebe. Liebe ist die uneigennützige Sehnsucht nach Beziehung. Also, zusammengefasst: Wir wissen gar nichts über Liebe und vor allem leben wir nicht in ihr. Das war die zweite Bombe, die an diesem Samstag geplatzt ist, größer als die erste und irgendwie fiel sie genau in den Krater, den die erste schon hinterlassen hatte, vertiefte ihn und damit unsere Betroffenheit von unserem eigenen Zustand und dieser schier unüberbrückbaren Kluft zu GoTT.
Am Sonntag dann der dritte Vortrag: Verachtung – Generationen werden schuldig. Kein Thema für ein Happy End, zumindest kein von uns gemachtes à la
Hollywood. Erst am Nachmittag kommt das Abendmahl, das von GoTT eingesetzte Zeichen, dass ER in Seinem Leib in Liebe Gemeinschaft der Generationen schenkt, in der kein Platz für gegenseitige Verachtung ist. Wer am Abendmahl teilnimmt und den Bruder und die Gnade GoTTes eigentlich verachtet, macht sich schuldig und wird von GoTT verdammt. Verachtung geschieht auf vielerlei Weise. Wir machen sie z.B. am Alter fest:
Entweder ist einer im Glauben zu jung und unerfahren oder zu alt und festgefahren; entweder zu reich oder zu arm, zu klug oder zu dumm.
In jedem Fall lassen wir uns in unserem Urteil nicht von der Liebe leiten und beschädigen dadurch den Bruder und JESU Gemeinde. Wieder fallen Bomben in
unsere scheinbar heile Gemeindewelt und ein Bild der Verwüstung bleibt zurück.
„Ein zerschlagenes Herz wirst DU, GoTT, nicht verachten.“ (Psalm 51,19)
Und deshalb kann ich schon zwischen den Trümmern ein zartes Pflänzchen sprießen sehen. Noch einmal wische ich mit meinem zerknüllten Taschentuch über Augen und Nase, bevor ich die Ärmel hochkrempel und mich an die Arbeit mache, die Trümmer wegzuräumen. Liebe ist uneigennützige Beziehungsarbeit.
Die herausfordernden Predigten von Jürgen Fischer sind auch online auf der Kassettothek anzuhören.